Beim Buem Congress - Tanz, Trommeln und politische Themen
Plakat am Straßenrand |
27. Oktober 2018, 9:30: Ankunft in Akaa
Buem. Nach einer kurzweiligen Fahrt steigen wir mit Joseph aus dem Auto. Wir
sind in einem Dorf bei uns in der Nähe am Veranstaltungsort des Buem Congress
angekommen und schauen uns um. Mehrere Pavillons mit bunten Dächern, lauter
Stühle und ein Rednerpult wurden aufgebaut. Die vielen bunten Stoffe deuten auf
eine fröhliche, bevorstehende Feier hin, doch de facto wissen wir nicht, was
uns hier erwartet. Bisher sind auch erst wenige Stühle besetzt – die Uhrzeit
auf dem Programmheft scheint dort nur der Form halber zu stehen. Und so tun wir
das, was wir in Ghana schnell gelernt haben: geduldig warten. Nach und nach
füllt sich der Platz und immer mehr Leute kommen in bunten Kleidern. Alle
scheinen sich für den besonderen Tag in Schale geworfen zu haben. Schließlich
verstummt die Musik aus den großen Boxen und es ist soweit: Die Ankunft der
Chiefs und Queen Mothers steht bevor.
Zurückzuführen auf die ehemaligen
politischen Strukturen gibt es in Ghana bis heute das Amt des Chiefs.
Traditionell ist er das politische und religiöse Oberhaupt, der Richter, der
Landbesitzer und Berater des Dorfes. Jedoch herrscht er nicht autokratisch,
sondern zusammen mit seinem Sprecher, den Queen Mothers und seinen Beratern,
die genau wie er gewählt und nicht durch eine Erbfolge bestimmt werden. Trotz
der gegenwärtigen demokratischen Strukturen nehmen die Chiefs weiterhin eine
hohe und in lokalen Angelegenheiten einflussreiche Stellung ein.
Begleitet von mehreren Schirmträgern,
die für ausreichend Schatten sorgen, mit goldenen Stäben in den Händen und
farbenfrohen Stoffen gekleidet, überqueren sie in einer Art Prozession den
Platz. Als auch alle geladenen Gäste und Ehrengäste eingetroffen sind, eröffnet
der Chairman, der Vorsitzende, den Congress. Die ersten Punkte des Ablaufs sind
Gebete. Eine Gruppe von Traditionalisten beginnt, dann folgen Muslime und
Christen. Das Programmheft ist für uns sehr hilfreich und informativ und verrät
uns noch einiges mehr über die Hintergründe des Congress. Der Veranstalter des
Buem Congress ist die Coalition for peace
and development in Buem, welche 2013 als NGO gegründet wurde und jedem
Bewohner der Region für eine Mitgliedschaft offensteht. Buem bezeichnet nicht
nur die Region der umliegenden Dörfer hier, sondern ist gleichzeitig auch eine
der vielen lokalen Sprache, die in diesen Dörfern gesprochen wird. Die
Coalition hat die Vision, die Einheit und die Entwicklung in der Region zu
stärken. In Konflikten nimmt sie die Rolle des Vermittlers ein, bringt Bürger
und Konfliktparteien zusammen, dient gleichzeitig als ein Forum zum Austausch
von Idee und Expertise und unterstützt Zusammenarbeit, Friede und
Entwicklungsprojekte in der Buem Region. Seit 2005 finden jährliche Kongresse
statt – jeweils in einer Stadt der Region.
Unity und Development – das sind auch
die Schlagworte, die in beinahe jeder Rede auftauchen. Und Reden gibt es viele - vom Vorsitzenden,
von der Coalition, vom Traditional Council, von einem Parlamentsmitglied und
dem Ehrengast. Zudem werden das Protokoll und die Beschlüsse der gestrigen
Delegiertenkonferenz verlesen. Doch dank der üppigen Verkaufsstände am Rande des
Congress, ist mit Wasser, Bananen und Fan Yoghurt, einem Eis, für eine zwischenzeitliche
Stärkung gesorgt.
Worum sich der ganze Congress in diesem
Jahr dreht, verraten uns nicht nur die Reden, sondern auch Plakate und die T-Shirts,
die einige der Leute tragen: die Oti Region. Ende des Jahres wird in einem
Referendum über die Bildung der Oti Region entschieden werden. Bislang ist
Ghana in 10 Regionen unterteilt. Wir leben in der Volta Region, die im Osten
des Landes von der Grenze zu Togo und dem Volta Lake eingegrenzt wird. Der
Norden der Volta Region möchte nun eine eigenständige Region gründen und
erhofft sich davon wirtschaftliche Vorteile, Entwicklungsfortschritte sowie
einen stärkeren Zusammenhalt. Ab und zu läuft ein Mann über den Platz und hält
ein Plakat hoch: „Oti Region = better hospitals“. Es wird geklatscht und
gejubelt. In den Reden werden immer wieder die Vorteile aufgezählt und mit
Nachdruck dazu aufgerufen, zur Wahl zu gehen, da die Sorge besteht, dass die
Wahlbeteiligung zu gering sein könnte. Die Registrierung aller Wahlberechtigten
ist gerade abgeschlossen. Doch grundsätzlich wird dem Referendum sehr
optimistisch entgegengeblickt. So gut wie alle Leute, mit denen wir bisher darüber
gesprochen haben, befürworten die Oti Region und ein „Yes“ im Referendum
scheint ziemlich wahrscheinlich. Ende Dezember wissen wir mehr zu berichten…
Aufgelockert
wird der Ablauf durch die Programmpunkte „cultural interlude“. Da ist zum einen
eine Brass Band mit Trompeten, Posaunen und Pauken, zum anderen eine Gruppe mit
den unterschiedlichsten Trommeln. Umgeben von schwungvollen und lauten Klängen
beobachten wir das bunte Treiben und geben uns der ausgelassenen, heiteren
Stimmung hin. Kaum stehen einige Schüsseln über den Platz verteilt, gehen die
Leute wiegendes Schrittes dorthin. Es werden Spenden gesammelt. Anschließend
wird weiter getanzt, die Menschen geben sich ganz dem Rhythmus hin und die
Frauen lassen ihre kleinen Tücher in der Luft kreisen. Mitgerissen von der
Fröhlichkeit stoßen auch wir dazu! Dass uns der ghanaische Tanzstil nicht vertraut
ist, scheint die Menschen nicht zu stören. Sie nehmen uns in den Kreis auf und
lachen herzlich mit uns.
Am
Ende des Congress umrundet eine weitere Prozession den Platz – angeführt von
einer Fackel. Diese wird aus Old Baika, wo der Congress letztes Jahr stattfand,
an Akaa übergeben und es wird gerufen, gejubelt und gefeiert. Auch wenn wir
bestimmt nicht alles verstanden haben und uns die Bedeutung vieler Dinge ein
Rätselraten bleibt, so war es doch ein sehr bereichernder Einblick in die
Kultur der Buem Region!
Zum Abschluss findest du hier noch zwei Videos von der Ankunft der Chiefs und dem Tanzen, die einen kleinen Einblick in die Atmosphäre des Congress geben:
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