Challenges im Februar und März


Ein Blick ins Supermarktregal- alles Nestle?

Der Februar und März waren für uns voller Herausforderungen. Wer nun an Kulturschock, Heimweh oder Konflikte denkt, liegt falsch. Uns geht es bestens, doch haben wir uns selbst einige Challenges gestellt.

No Rubber - Challenge 

Unserem Eindruck nach ist der Verbrauch von Plastiktüten in Ghana enorm hoch und das Bewusstsein für Müll ein ganz anderes als in Deutschland. Daher lautete unserer Vorsatz für den Februar: Wir verzichten unterwegs und beim Einkaufen auf jegliche Plastiktüte!

In diese dünnen, schwarzen Plastiktüten wird hier nämlich so gut wie alles verpackt. Ganz egal, ob ich ein paar Tomaten, Spülmittel oder ein Notizbuch kaufe, wird mir eine Plastiktüte angeboten. Es gehört zum Service auf dem Markt dazu und gilt als Selbstverständlichkeit. Wir haben es schon erlebt, dass die Verkäuferin extra zum Haus gelaufen ist, weil die Tüten am Stand aufgebraucht waren. Zusätzlich hat es auch einen traditionellen Hintergrund. Es existiert der Glaube, das sichtbares Essen ohne die schwarze Verpackung verflucht werden kann. 

„I don’t need a rubber, please.“ Dieser Satz hat zunächst bei der Bananenverkäuferin unseres Vertrauens für Verwirrung gesorgt. Inzwischen ist er überflüssig geworden und sie weiß, dass wir ihr ohnehin unseren Jutebeutel entgegenhalten werden. Trotz manch verwundertem Blick ist es nie ein Problem gewesen, die Sachen in die eigene Tasche zu packen. Wir haben uns angewöhnt, immer einen Jutebeutel dabei zu haben und mit guten Willen lässt sich da im Fall der Fälle mehr herein quetschen als man denkt. Außerdem bringen wir für Erdnussbutter immer eine Dose mit, die wir uns im Shop auffüllen lassen. Das spart nicht nur Plastik, sondern auch Arbeit, die Erdnussbutter in Plastikbeutel einzufüllen.







Generell ist uns aufgefallen, dass viel Essen in Plastik verpackt wird. Viele der typisch ghanaischen Gerichte wie Fufu, Banku, Akble, worunter man sich „Bälle“ aus Cassava, Yam und Mais vorstellen kann, werden nach der Zubereitung in Plastik eingewickelt. Eine positive Ausnahme ist Kenkey, was mit Mais- oder Bananenblätter umhüllt wird und zudem, weil es sich lange aufbewahren lässt, nie verschwendet wird. Auch beim Kaufen von Essen auf der Straße lässt sich Plastik nicht immer vermeiden. Zum Mitnehmen bekommt man oft eine Styroporpackung oder Nudeln und Reis werden auch in durchsichtige Plastiktüten verpackt. Auch Getränke wie beispielsweise Sobolo, aus Hibiskusblättern hergestellt, und Frühstück wie flüssiges Porridge werden in Plastiktüten abgefüllt. Mit genug Überzeugung haben wir es aber sogar mal geschafft, frisch frittierte beanscakes auf die Hand zu bekommen. 
Das Fazit unser Erfahrungen auf dem Markt und an Straßenständen: Fragen und darauf bestehen klappt immer! 
Ein hilfreicher Tipp unterwegs ist es, direkt vor Ort zu essen. Statt eine Plastikverpackung bekommt man dann Geschirr, dass am Stand wieder gespült wird. Genauso läuft es auch an den Essenständen an der Schule.

Plastikverbrauch, den auch wir nicht vermeiden können, fällt beim Wasser an, das in 500ml-Beuteln verpackt ist und in Beuteln à 15 Liter verkauft wird. So gibt es zwar überall günstiges, sauberes und meist auch schön gekühltes Wasser, aber der Abfall landet viel zu oft meist achtlos auf der Straße. Die Suche nach einem Mülleimer war bisher so gut wie ausschließlich in Kumasi erfolgreich - eine Stadt, die durch die „Keep Kumasi clean“-Kampagne ein verhältnismäßig sauberen Eindruck erweckt. In Accra und auch im kleinen Küstenort Akwidaa haben wir riesige Müllberge gesehen. Da kein System zur Müllentsorgung besteht, wird der Plastikmüll verbrannt. Am Centre können wir Bioabfall im von unseren Vorgängern gebauten Kompost entsorgen und Plastiktüten, die es doch in unser Haus schaffen, werden zumindest als Müllbeutel recycelt, als Fahrradsattelbezug verwendet oder mit etwas Kreativität zu Origami-Vögeln verwandelt.

No Nestle - Challenge

Beim Durchstöbern der Regale in vielen verschiedenen Läden haben wir festgestellt: „Das ist ja alles Nestle!“ Gerade wenn man darauf achtet, springt einem das Firmenlogo förmlich ins Gesicht.

Doch warum darauf verzichten? Gegen den Großkonzern Nestle mit über 2000 Marken und Standorten in 191 Ländern wurden in den vergangenen Jahren immer wieder schwere Vorwürfe erhoben. Bei einer Recherche im Internet stolpert man schnell über Begriffe wie „Abholzung des Regenwalds für Palmöl“, „Tierversuche“ und „Wasser-Skandal“. Letzteres bezieht sich auf Nestles Bemühungen einer Monopolstellung für Trinkwasser. Frisches Trinkwasser, dessen Zugang als Grundbedürfnis des Menschen jedem möglich sein sollte, wird von Nestle in mehreren Regionen der Welt abgepumpt und  mit großem Profit in Flaschen verkauft, während der Grundwasserspiegel sinkt und Dürreperioden herrschen. Wenn ich mir vorstelle, dass Menschen an dem Mangel an Trinkwasser und Wasser zur Landwirtschaft leiden, während Nestle ein großes Geschäft betreibt, dann ist der Verzicht auf Nestle-Produkte kein schwerer, sondern ein kleines Zeichen gegen die unethischen Grundsätze eines Weltmarktführers. 




Um unseren Küchenschrank Nestle-frei zu machen, mussten wir Milo, das überall präsente und beliebte Kakaogetränk, und die Dosenmilch Ideal aussortieren. Für die Dosenmilch gibt es hier vier gängige Marken und zumindest eine davon gehört nicht zu Nestle - und steht den anderen in puncto Geschmack kein Stück hinterher ;) Ist es nicht paradox, dass Nestleprodukte so selbst zueinander in Konkurrenz stehen? Auch für Kakao gibt es Alternativen, wobei wir eher zu rohem Kakaopulver aus Ghana raten würden, dass man sich mit Milch und Zucker ganz nach eigenem Geschmack anrühren kann. So gehören zwar sehr viele Produkte zu Nestle, doch mit offenen Augen lassen sich zwischen dem Nestle-Kaffee, der Nestle-Kindernahrung und der Nestle-Maggigewürzen auch die gleichen Produkte von anderen Firmen finden - warum also immer den Markführer unterstützen? Sobald man einmal die Produkte kennt, die nicht zu Nestle gehören, ist der Einkauf kinderleicht.

No Imports - Challenge

Um die lokale und nationale Wirtschaft zu unterstützen und zu sehen, wie viel unseres Konsums importiert wird, haben wir uns zu guter letzt noch der No-Imports-Challenge gestellt: für eine Woche keine importierten Lebensmittel konsumieren! Ausgenommen war dabei das Mittag-und Abendessen, das wir von der Küche bekommen. Nachdem wir alle Lebensmittel, die im Ausland produziert werden, vom Frühstückstisch abgeräumt hatten, sah dieser ganz schön dürftig aus: keine Marmelade und keine Milch aus Holland, kein Tee und keine Haferflocken aus Deutschland oder Frankreich. Aber die Frage „Was esse ich denn jetzt?“ war trotzdem schnell beantwortet. Zum einen kann man sein Brot genau so gut mit Honig oder Erdnussbutter bestreichen, welche lokal produziert werden. Zum anderen gibt es eine Vielzahl an Früchten von Orangen, Bananen und Zitronen bis hin zu Avocados, die weit aus frischer und besser schmecken als in Deutschland. Nur auf Äpfel, die aus Europa oder Südafrika importiert werden und einen dementsprechenden Preis haben, verzichten wir meist ohnehin. 

In den Läden wundert man sich immer wieder, woher all die Produkte kommen. Wir haben schon Mayonnaise aus den Vereinten Arabischen Emiraten, Heinz Tomaten Ketchup aus Ägypten und eine Dose Butterkekse aus China entdeckt. Viel wird zudem aus dem Niederlanden, die hier allerdings eher als Holland bekannt sind, und aus Lagos in Nigeria importiert. Ghanaische Produkte kommen meist aus Tema, der Industriestadt des Landes im Süden nahe Accra. 
Generell ist ein Großteil der üblichen Mahlzeiten frisch zubereitet und verarbeitete Fertigprodukte sind selten. Im Dorf werden Mais und Cassava gemahlen. Der Teig dient fermentiert dann als Grundlage für Banku und Kenkey. Während wir vor Ort das Unverarbeitete schätzen, würden wir uns für die Exporte eher das Gegenteil wünschen. Anstelle des rohen Kakaos würde der Export von fertig produzierter Schokolade zum Beispiel der ghanaischen Wirtschaft mehr helfen. 

Die Top 5 der Importe sind Zementklinker, Autos, Weizen, Reis und Diesel-Trucks. Zu den fünf meist exportierten Gütern zählen Gold, Erdöl, Cashewnüsse, Kakaobohnen und -butter. Im Jahr 2017 hat Ghana durch Importe in Höhe von 12.718 Mill. US$ und Exporte in Höhe von 14,359 Mill US$ ein Plus in ihrer Handelsbilanz erzielt. Importe kommen am häufigsten aus China, Großbritannien, den USA, Spanien und Belgien. Exporte gehen am häufigsten nach Indien, China, in die Schweiz, nach Südafrika und den Niederlanden.
(alle Fakten stammen aus Statistiken der Weltbank: 


Fastenzeit


Zudem hat im März die Fastenzeit begonnen, in der wir weiterhin bewusster konsumieren wollen. So haben wir gemeinsam beschlossen, auf den Kauf einiger Produkte zu verzichten und uns öfters zu fragen: „Was esse ich hier eigentlich? Wo kommt es her? Und wie wurde es produziert?“ 
Da es in der Fastenzeit aber ja nicht nur um den materiellen Verzicht geht, soll auch der religiöse Hintergrund nicht verloren gehen. Daher haben wir uns vorgenommen, öfters zu beten - sei es beim Essen oder Zu-Bett-Gehen...


Kommentare

  1. Zu Nestlé - Wieso paradox? Dem Abnehmer wird Produkttiefe vorgegaukelt und es werden - böse Stimmen würden sagen mit dem gleichen Inhalt in variierender Packung :D - verschiedene Preissegmente bedient.

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