52 Dinge, die wir in 52 Wochen gelernt haben


“There is a time for everything. A time to come and a time to go. A time to be welcomed and a time to say good-bye.”

Unser Jahr in Ghana ist zu Ende gegangen und wir blicken in besonderer Weise auf ein erlebnisreiches, wundervolles und auch lehrreiches Jahr zurück.


Wir haben gelernt, …

1.     … mit der Hand zu waschen, auch wenn wir dabei immer noch belächelt werden.

2.     … dass es stimmt, was ein Kakaobauer uns gesagt hat: “Different skin, but same blood.“ Auch wenn uns Menschen aus anderen Kulturkreisen oft fremd erscheinen, sind die Sehnsüchte, Ängste, Hoffnungen, Gefühle, Sorgen und Wünsche aller Menschen im Kern sehr ähnlich.  

3.     … aus Höflichkeit und Respekt nur die rechte Hand zum Essen, Geben, Grüßen oder Ähnlichem zu benutzen.

4.     … mit einer Machete auf der Farm zu arbeiten, auch wenn unsere zu weichen Hände es laut den Schülern nicht zeigen.

5.     … die Kette und die Gangschaltung unserer Fahrräder zu reparieren.

6.     … etwas Ewe zu sprechen, es im Alltag anzuwenden und damit für Überraschung und Freude zu sorgen.

7.     … Bildung wertzuschätzen. Es war für uns selbstverständlich, zur Schule zu gehen, dabei von unseren Eltern unterstützt werden und von guter Ausstattung der Schulen und gutem Unterricht zu profitieren.

8.     … dass Leonies Name schwierig auszusprechen ist und wir daher manchmal alle Eva heißen.

9.     … dass Dinge oft anders kommen als geplant.

10.  … mehr zu reflektieren und zu hinterfragen. Dadurch, dass wir eine vermeintlich vollkommen andere Welt kennengelernt haben, haben wir uns auch über Banales Gedanken gemacht und von vielem Ursachen gesucht

11.  … dass man in Ghana in der Runde Hände von rechts nach links schüttelt.

12.  … dass manche Gerichte halt erst nach vielen Malen Probieren schmecken und unser Geschmack sich verändert.

13.  .. beim Handschlag zu schnipsen, wie es in Ghana unter Freunden üblich ist.

14.  Redewendungen in Englisch, Ewe und Twi in unseren Sprachgebrauch zu übernehmen, z.B. I go and come, va midzo, ayekoo!

15.  … mit den Händen zu essen.

16.  … dass man sich beim Reisen auf die Hilfsbereitschaft der Leute verlassen kann und somit immer den Weg, eine Unterkunft oder das richtige Trotro findet.

17.  … mit Perspektivlosigkeit und Ohnmacht umzugehen. Es kann ganz schön belastend sein, zu wissen, dass manche Schüler vielleicht nie die Chance haben werden, frei ihren Beruf zu wählen, sondern ihr Lebensweg von äußeren Umständen und großer Chancenungleichheit bestimmt sein wird.

18.  … uns gegenseitig die Haare zu schneiden.

19.  … die eigene Familie wertzuschätzen. Es ist nicht selbstverständlich mit beiden Elternteilen, die sich um einen kümmern, aufzuwachsen. Viele Kinder in Ghana leben in zerbrochenen Familien oder bei Verwandten, die sich um sie kümmern.

20.  … mit einer handbetriebenen Nähmaschine zu nähen

21.  … dass Afrika nicht gleich Afrika ist. Denn Afrika ist kein Land und die Leute sprechen nicht afrikanisch. Trotzdem verstehen sich viele Ghanaer mehr als Afrikaner, als die meisten Deutschen sich als Europäer.

22.  … zu recyceln und Dinge kreativ umzufunktionieren.  

23.  … dass es stimmt: „Communication is key!” Der Grund für Konflikte ist fast immer fehlende Kommunikation, vor allem beim interkulturellen Zusammenleben.

24.  … dass auch grüne Orangen reif sein können.

25.  … dass Teilen selbstverständlich ist und gerne mit der Begründung “sharing is caring“ kommentiert wird.

26.  … mit wie wenig Dingen man auskommt. Weil wir aus Deutschland das Leben im Überfluss einer Konsumgesellschaft kennen, war es für uns befreiend, mit deutlich weniger Dingen zu leben. Trotzdem können wir es verstehen, dass viele in Ghana größeren Besitz und Konsum anstreben.

27.  … zu improvisieren, spontan Gebete zu sprechen oder eine Rede zu halten.

28.  … dass die Vielfalt der Kirchen riesig ist. Im christlichen Glauben existieren neben der uns in Deutschland bekannten evangelischen und katholischen Kirche eine Unzahl an Freikirchen, mit vielfältigen Namen wie „Lord`s Mission“, „Christ’s Embassy“, „Bible Believer Fellowship“, „Mega Church“, „Lighthouse Chapell“,…

29.  … dass man ein Jahr zu viert zusammenleben kann ohne sich zu streiten.

30.  … dass wir keinen „ghanaian stomach“ haben und nie die riesigen Portionen schaffen.

31.  … dass Glaube Halt gibt. Unser Vertrauen in Gott ist gewachsen und hat uns das Gefühl gegeben, dass immer alles gut werden wird. Gerne sind wir auch jeden Sonntag zur Kirche im Dorf und manchmal zur Morgenmesse am Centre gegangen, wo wir das Singen, Tanzen und Beten in Gemeinschaft sehr geschätzt haben.

32.  … den ghanaischen Akzent im Englischen zu verstehen und zu übernehmen.

33.  … dass laut den jeweiligen Redewendungen bei Regen Deutsche aus Salz und Ghanaer aus Zucker sind, mit dem zusätzlichen Unterschied, dass Ghanaer bei Regen im Normalfall nicht das Haus verlassen.

34.  … uns der ghanaischen Gelassenheit anzupassen und ohne Stress und Hektik im Alltag eine größere innere Ruhe zu finden.

35.  … dass Ehrlichkeit am längsten währt und haben dadurch einige Konflikte vermieden.

36.  … wie friedlich Ghana ist.

37.  … welche Privilegien wir haben. Erst wenn man sieht, dass Menschen über Dinge nachdenken, über die wir noch nie nachdenken mussten, wird einem klar, welche Privilegien wir haben. Wir mussten nie überlegen, ob wir an einem Tag etwas zu essen bekommen, wie wir es schaffen, unsere Schulgebühren zu zahlen und ob wir es uns leisten können, zum Arzt zu gehen.

38.  … dass die deutsche Pünktlichkeit in uns steckt und wir manchmal auch unsere Freunde von der “german time“ überzeugen konnten.

39.  … dass wir durch unsere Hautfarbe immer auffallen und Kindern auch mal zum Weinen oder Winken und Rufen bringen.

40.  … unvoreingenommener auf Leute zu zugehen und Menschen offener zu begegnen.

41.  … Hilfe anzunehmen und danach zu fragen.

42.  … wie man sich beim langen Warten aufs Trotro oder den Beginn von Veranstaltungen die Langeweile vertreibt.

43.  … welchen Wert Geld haben kann. In Euro umgerechnet ist das Preisniveau vieler Produkte sehr niedrig. Für uns war es beeindruckend uns bedrückend zugleich, zu sehen wie Geld einem Möglichkeiten eröffnet oder verbaut.

44.  … dass frischer, süßer Palmwein unser Lieblingsalkohol ist.

45.  … ghanaischen Smalltalk zu halten, spontane Gespräche zu führen und kurz Freunde anzurufen, um zu fragen, wie es geht.

46.  … ghanaisch zu tanzen.

47.   nachhaltiger zu leben. Wir waren erschrocken über den hohen Plastiktütenkonsum, unachtsam weggeworfenen Müll, riesige Müllhalden und verschmutzte Strände und haben daher ein größeres Umweltbewusstsein entwickelt, oft unverpackt eingekauft und Plastiktüten immer wiederverwendet.

48.  … dass so gut wie jeder eine Farm besitzt, viele Subsistenzwirtschaft betreiben oder einen Nebenverdienst aus der Landwirtschaft ziehen.

49.  … dass in Bierflaschen 625ml sind und man sich immer streiten kann, ob „Club“ oder „Star“ besser schmeckt.

50.  … dass Kinder schon im jungen Alter sehr selbstständig sind, waschen und kochen können und Verantwortung im Haushalt übernehmen.

51.  … Gastfreundlichkeit anzunehmen. Zu Beginn fanden wir es unangenehm, wenn für uns extra Stühle herangetragen wurden. Doch wir haben gelernt, dass man auch Einladungen zum Essen oder kleinere Gesten gerne annehmen darf.

52.  … dass man auch zu dritt hinter den Fahrer aufs Motorrad passt.

Neben all diesen bedeutenden und unbedeutenden Lektionen des Jahres verlassen wir Ghana mit einer großen Dankbarkeit. Wir schätzen uns unfassbar glücklich über alle Erfahrungen, die wir machen durften und danken jedem, der Teil unseres Jahres war!


In den geschenkten Kleidern auf unserer Abschiedsfeier am Centre


Inzwischen sind Kati, Jenny, Skaidrit und Josefine in Nsuta angekommen. Auch sie berichten von ihren Erlebnissen: www.nachrichtenausnsuta1920.blogspot.com

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