Herzensangelgenheit - der zweite Teil des Projekts


Neben unserer alltäglichen Arbeit in den verschiedenen Schulen, ist auch Sozialarbeit ein Teil unseres Projekts. So wird Schülerinnen und Schülern mit finanziellen, familiären oder gesundheitlichen Problemen Hilfe geboten. Dabei richtet sich die Hilfe ganz speziell nach den Bedürfnissen der Kinder, sodass sowohl einmalige als auch langjährige Unterstützung möglich ist, welche von Joseph, unserem Mentor und Sozialarbeiter, koordiniert wird. Beim wöchentlichen Meeting überlegen wir gemeinsam, wer wie unterstützt werden kann. Dann sind es immer wieder bewegende Begegnungen, wenn wir die Kinder und Jugendliche besuchen und gemeinsam versuchen, neue Perspektiven für ihre Zukunft zu schaffen.

So möchten wir dir in diesem Post einige der von Projekt unterstützen Kinder und Jugendliche vorstellen:

Da gibt es den 12-jährigen Godsway, der in Attakrom die Form 1 der JHS besucht. Seit Kindesalter sind seine beiden Beine nach innen verdreht und nachdem seine Großmutter ihn so lange wie möglich auf dem Rücken getragen hat, läuft er nun unter Schmerzen auf der Fußoberseite. Da der Vater in seinem Leben keine Rolle spielt, nur wenig Kontakt zur Mutter besteht und er bei seiner Großmutter und Tante lebt, war ihnen bisher aus familiären und finanziellen Gründen keine Hilfe möglich. In Begleitung von seiner Großmutter sind wir mit ihm nach Nsawam in eine orthopädische Klinik gefahren. Das Orthopaedic Trainig Centre Nsawam ist eine non-profit-Organisation, die mit einer orthopädischen Klinik und Werkstatt, einem Therapiezentrum und einer mobilen Einheit, die durchs Land reist, bedürftige Kinder mit ärztlicher Behandlung, nötigen Prothesen und passender Therapie versorgt. Der Besuch war mehr als erfolgreich. Nach einer Voruntersuchung im September steht nun im November eine Operation in Aussicht, die ihm im wortwörtlichen Sinne wieder auf die Beine helfen kann. 
Godsway vor seiner Schule in Attakrom

In der Klinik in Nsawam
v.l.: Eva, Joseph, Godsway, Leonie, seine Großmutter


Da gibt es den 15-jährigen Kojo, den man meist mit einem breiten Grinsen im Gesicht auf der Bank vor seinem Haus trifft. Wegen seiner körperlichen und geistigen Behinderungen besucht er keine Schule. Allerdings kann er durch die Verlängerung seiner Krücken und dank neuer orthopädischer Schuhe aus Deutschland nun zumindest etwas aufrechter und leichter durchs Leben laufen.

Da gibt es den blinden Theodore, dem der Besuch einer Blindenschule in der nächsten großen Stadt ermöglicht wurde und der uns nun stolz seine ersten hervorragend bestandenen Klausuren in Braille-Schrift zeigt.

Da gibt es die fröhliche Nana Yaa, für die wir einen erfolgreichen Inklusionsversuch gestartet haben. Sie leidet an einer Spastik in der Hand, die ihr das Schreiben erschwert, und einer Sprachstörung, sodass sie langsam und etwas undeutlich spricht. Nach dem Besuch der Grundschule schickten ihre Eltern sie nicht mehr zur Schule und der Schulleiter hat den Kontakt zu ihrer Familie hergestellt. Nach einem Besuch in einer Behindertenschule war klar: dafür ist sie viel zu schlau! Denn geistig hat sie keinerlei Einschränkungen. Ganz im Gegenteil, sie sprüht vor Motivation zu lernen und vor Begeisterung, wieder zur Schule gehen zu dürfen. Ausgerüstet mit einer schicken neuen Schuluniform, übernommenen Schulgebühren, einem gespendeten Laptop, dicken Stiften und einem Knetluftballon voller Sand zum Trainieren der Handmuskulatur wurde sie herzlich in die Schulgemeinschaft der JHS in Attakrom aufgenommen. Sie bemüht sich mit der Hand zu schreiben und erlernt das Tippen am Laptop von dem Informatik-Lehrer, der sie immer wieder für ihren Ehrgeiz und ihr schnelles Auffassungsvermögen lobt. Besonders froh sind wir zu sehen, wie selbstverständlich das Kollegium Nana Yaa im Unterricht integriert und wie schnell viele der anderen Schüler zu ihren Freunden geworden sind. Nun ist sie nicht nur viel glücklicher als zuvor, sondern hat auch eine vielversprechende Zukunftsperspektive!


Da gibt es Sebastian, Anfang 20, der im Rollstuhl sitzt und eine Schule im Süden der Volta Region besucht. Schon in wenigen Monaten wird er seinen Abschluss ablegen und anschließend als Elektriker arbeiten.

Da gibt es weitere vier Schüler aus armen Verhältnissen, denen zurzeit durch Stipendien der Besuch der Senior High School ermöglicht wird. Sobald die Schulgebühren ab dem nächsten Jahrgang entfallen, sollen stattdessen Schüler in ihrer Ausbildung unterstützt werden, die ein Handwerk erlernen möchten.

Da gibt es den sechsjährigen Vincent, der uns auf seinem Weg zum Kindergarten mit seinen verformten Armen und Beinen aufgefallen ist. Kurz später haben wir gemeinsam seine Familie besucht, die abseits des Dorfs in der Nähe ihrer Farm ohne Strom und fließend Wasser lebt. Dass ihnen eine medizinische Behandlung des Sohns aus finanziellen Gründen nicht möglich ist, liegt somit auf der Hand. Glücklicherweise konnten wir gleich zweimal die mobile Einheit des Orthopaedic Training Centre aus Nsawam in unserer Umgebung treffen. Auch die Röntgenbilder sorgen für erste Klarheit. In beiden Armen sind Elle und Speiche überkreuzt und überstehende Knochen verhindern das Durchstrecken des Ellenbogengelenks. Laut dem Arzt können seine Arme aber erst nach Abschluss des Wachstums im Alter von 18/19 Jahren behandelt werden. Für sein verformtes Bein, das im zurzeit noch einen schmerzhaften Schulweg bereitet, lautet die Diagnose Blount Disease. Dank der großzügigen Spendengelder des Bistum Münsters konnten wir in Anfang Juni nach Dzodze bringen, wo ein Team von niederländischen und ghanaischen Ärzten ihn als einen von über 25 Kinder erfolgreich operiert hat. Nach vier Wochen in der Klinik und einen sechs- bis achtwöchigen Aufenthalt im Therapiezentrum in Nsawam soll Vincent mit „neuen“ Beinen unbeschwerter durchs Leben laufen können.
Vincent und seine Mutter

In der Klinik in Dzodze
hinten v.l.: Joseph, Lea, Sarah, Vincents Mutter
vorne: Vincent

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