Larabanga - eine Reiseerinnerung






Auf die Frage nach einer günstigen Unterkunft bietet der Taxifahrer uns einen homestay bei seiner Familie an. Zusagen könnten wir nun kopfschüttelnd als unvorsichtig und naiv abtun oder wir machen es einfach mal. Die Vorstellung, abends auf dem Dach seines Hauses unterm Sternenhimmel einzuschlafen, war dann doch zu verlockend… Als wir den Compound von Ibrahims Familie betreten, stürmen lauter Kinder auf uns zu und umarmen uns. Insgesamt gut 15 Kinder im Alter von 0-10 Jahren leben als Waisenkinder bei seiner Familie. Jegliche Zweifel sind verschwunden und wie im Nu sind wir in das Familienleben integriert. Noch am selben Nachmittag zeigt seine Schwester uns, wie sie Gari zubereitet und ein Bruder führt uns durch das Dorf. In den nächsten sieben Tagen wird Larabanga zu unserem Zuhause und zum ersten Mal auf unserer mehrwöchigen Reise erlischt der Drang, weiter zu ziehen und Neues zu entdecken. Woran das liegt? Von der ersten Stunde an waren wir ganz selbstverständlich Teil der Familie und des Dorfs und alle Kinder und Leute des Dorfs haben uns mit offenen Armen empfangen.






Wann immer wir in den Hof kamen, kamen die Kinder auf uns zu, um mit uns zu spielen. Wir haben vielerlei Klatsch-, Tanz- und Kreisspiele von ihnen gelernt oder waren einfach zum Kuscheln, Erzählen und Haare Flechten da. Nicht nur mit Kind auf dem Schoß haben wir viel Zeit im Compound, der aus mehreren Wohnräumen rund um einen Innenhof besteht, verbracht. Gemeinsam haben wir unsere Kleidung gewaschen, uns unterhalten, Karten gespielt und durften beim Kochen mithelfen. An diesem Abend hat es noch ein bisschen besser geschmeckt als ohnehin immer. Sowohl beim Training als auch beim Fußballspiel gegen das Team des Ortes Sawla standen wir mit den Kindern am Spielfeldrand. Jeden Morgen gab es an einem Stand zum Frühstück Oats und Brot mit Omlett, während wir dem zunehmenden Treiben im Dorf zuschauen konnte. Tagsüber haben wir uns im Leben vor Ort treiben lassen und sind mit den Kindern durchs Dorf gelaufen, haben eine Schneiderin besucht und beim Fußballtraining vorbeigeschaut. Jeden Abend machten wir uns auf den Weg zum Cultural Dance. Zu Ehren einer verstorbenen Frau kamen im Rahmen der Trauerferierlichkeiten Abend für Abend die Menschen des Dorfes zusammen. Zufälligerweise fand am Vormittag vor unserer Abreise die Abschlussfeier mit Tanz, Federschmuck und vielen Süßigkeiten statt. 


es wird gekocht...
… und Fußball gespielt.
Während wir selbst dank der Herzlichkeit und Offenheit der Menschen in diesem Ort ein kleines Idyll des einfachen Lebens gefunden hatten, wurde uns erst beim Wasserholen bewusst, welche Armut diese Einfachheit für die Menschen bedeutet. Zwar gibt es im Haus einen Stromanschluss, doch statt fließend Wasser gehört der ca. 20-minütige Weg zum Wasserloch zur täglichen Routine. Grundsätzlich ist der Lebensstandard sehr viel niedriger als in Deutschland, was uns in Larabanga mit dem Blick eines Neuankömmlings besonders deutlich geworden ist. Sich mit den einfachen Verhältnissen und einem Plumpsklo zu arrangieren, war für uns kein Problem. Man kommt gut mit weniger aus als wir es aus Deutschland gewohnt sind. Doch dabei mussten und müssen wir immer wieder uns ins Gedächtnis rufen, dass der Schein auch trügen kann und ohne finanziellen Rücklagen und die entsprechende Infrastruktur sozialer Absicherung zum Beispiel Krankheit große Probleme mit sich ziehen kann.





Eines Donnerstagmorgens sitzt Ibrahim mit uns im Innenhof und erzählt die Geschichte des Waisenhauses, die zugleich seine Lebensgeschichte ist. Er spricht von seinem Vater, der als Imam des Dorfs eines Tages ein Waisenmädchen aufnahm … von seinem Aufruf, Waisenkinder zu ihm zu bringen … von dem Dorf, das viele Kinder brachte und mithalf für ihre Verpflegung zu sorgen … vom Tod seines Vaters … von dem Moment, als er nachhause kommt und ihm das Herz bricht … von den Kindern, seinen „Geschwistern“, die weg waren … von seiner mit 17 Jahren abgebrochenen Ausbildung … von seinem Entschluss, das Waisenprojekt fortzusetzen … von seiner Arbeit im Mole Nationalpark und seinem Kurs zum Reiseführer … Die Geschichte berührt und Ibrahims großes Herz lässt unsere Augen feucht werden.


das Waisenhaus im Bau...
„Wie können wir ihn unterstützen?“ Die Frage war da unumgänglich. Neben Ibrahims Einkünften als Taxifahrer und Reiseführer fließt auch durch Reisende, die bei ihm übernachten, Geld zu den Kindern. Seit Langem baut Ibrahim an einem Gebäude, in dem die Kinder unterkommen sollen, da der Compound der Familie nicht genügend Platz bietet. Jedem, der die Möglichkeit dazu hat, können wir nur ans Herz legen, einmal vor Ort vorbeizuschauen. Allen anderen möchten wir die deutsche Website des Projekts empfehlen, auf der sich weitere Informationen befinden. (www.ghana-daakye.com)
Wer das Projekt und Ibrahims Arbeit unterstützen möchte, kann sich jederzeit bei uns melden!

Danke für die schöne Zeit!

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