Bücher, Bücher, Bücher...
Über
das Jahr hinweg waren wir fleißige Leseratten und möchten nun einigen Lesestoff
mit Bezug zu Ghana und Afrika empfehlen.
„Die
Gesichtslosen“ von Amma Darko
Die
staubigen Straßen und Märkte der ghanaischen Hauptstadt Accra sind die Heimat
der vierzehnjährigen Fofo. Sie schlägt sich mit Diebstählen und
Gelegenheitsarbeiten durchs Leben, was solange „gut“ geht, bis sie ins Visier
der Untergrundgestalt Poison gerät. Kabria, Mutter dreier lebhafter Kinder,
leidet unter der Gleichgültigkeit ihres Ehemannes Adade und den Launen ihres
„Geliebten“ Creamy, einem ramponierten und eigentlich fahruntüchtigen VW-Käfer.
Als sich die Wege von Fofo und Kabria unverhofft kreuzen, beginnt eine mal
erschütternde, mal unglaublich witzige, immer aber turbulente Geschichte, in
der Amma Darko jenen Menschen ein Gesicht gibt, die im Schatten der „modernen“
afrikanischen Gesellschaft leben müssen.
Ein Roman von einer ghanaischen Autorin
zu lesen erschien mir schon im Vorhinein reizvoll. Wer könnte eine
authentischere Geschichte erzählen? Und mit dieser Hoffnung liege ich genau
richtig. Amma Darko überzeugt uns gleich mit mehreren Büchern. 1996 geschrieben,
zeichnet „Die Gesichtslosen“ ein realistisches Bild der unterschiedlichen
Lebenssituationen in Accra. Nach der ersten Begegnung zwischen Fofo und Kabria entwickelt
sich eine packende Geschichte und schon bald befindet man sich mitten in einem
spannenden Kriminalfall. Es offenbaren sich mehr und mehr Verstrickungen und
spätestens dann fällt es schwer, das Buch wieder aus der Hand zu legen. Obwohl
uns die Welt der meisten Figuren – das Armenviertel Sodom und Gomorrha in Accra
– fremd ist, schließt man sie sie schnell ins Herz und fiebert mit ihnen.
Gleichzeitig geht es auch um Themen wie die Rolle von Mann und Frau,
Schwangerschaft, Tod, Prostitution, Präventionsarbeit, Armut, Vergewaltigung,
Medizinmänner und das Leben in einer Ehe. Ganz beiläufig findet als dies seinen
Weg in die Geschichte und man lernt einiges dazu, sodass man am Ende dieses
Buches voller Überzeugung feststellen kann: Ja, diese Figuren sind keine
„Gesichtslosen“ mehr…
„Das
Hausmädchen“ von Amma Darko
Ein Buch – zwei Geschichten. Die erste
heißt „Im Überfluss“ und handelt von Leila. Sie hat einen Sohn und ist
eigentlich glücklich mit Koomson verheiratet - wäre sie bloß nicht seine
Zweitfrau. Ein plötzlich eintreffender Brief seiner ersten Frau aus Sunyani macht
alles noch komplizierter und lässt die Vergangenheit wieder zutage treten.
Rachegedanken, Eifersucht und Liebe – alle Gefühle kommen zusammen und es
ergibt sich eine tragische und emotionsvolle Geschichte. Welche Rolle nimmt die
Frau in einer Ehe ein? Ist es ein Fehler, sich als Frau auf eine polygame
Beziehung einzulassen? Aus welchen Gründe geht ein Mann mehrere Ehen ein?
Anhand Leilas Geschichte und der Liebes- und Lebenslage ihrer Freundinnen
werden verschiedene Ansichten über Beziehungen und das eheliche Zusammenleben
gegenübergestellt. Jede Figur findet auf die Frage, was im Liebes- und Eheleben
moralisch „richtig“ ist, ihre eigene, vom Leben bestimmte Antwort. Ein Thema,
mit dem man sich in Europa selten auseinandersetzt, hat in Ghana durchaus
Relevanz: Polygamie.
Die zweite Geschichte trägt den Titel
„Das Hausmädchen“. Irgendwo im ghanaischen Busch finden junge Männer die Leiche
eines neugeborenen Mädchens. Der schier unglaubliche Fund animiert die
landesweite Presse zu reißerischen Schlagzeile. Wer ist die gewissenslose
Kindesmörderin? Und welche Geschehnisse führen zu solch einer Tat? Die
Geschichte Efias, die aus dem kleinen Dorf Kataso ein neues Leben als
Hausmädchen in Accra beginnt, zeigt die Abgründe einer ebenso habgierigen wie
doppelzüngigen Gesellschaft. Amma schafft es ohne Mitleid und
Betroffenheitspathos ein verklärtes Bild der mitunter schweren Lebensumstände
zu zeichnen. Wie die Handlungen, Motive und Absichten der Figuren zu bewerten
sind, bleibt dabei immer noch dem Leser überlassen.
Und so trifft die Beschreibung des
Klappentexts genau zu: „Mit den Episoden «Im Überfluß» und «Das Hausmädchen»
profiliert sich Amma Darko endgültig als Stimme der einfachen Menschen ihres
Landes.“ Auch wir können diese Autorin nur weiterempfehlen!
„Das
Lächeln der Nemesis" von Amma Darko
Eine
mysteriöse Botschaft hebt Aggies geordnete Welt aus den Fugen. Wer droht ihr „Nemesis“,
vergeltende Gerechtigkeit, an – und warum? Während sie verzweifelt versucht,
das Rätsel der Botschaft zu lösen, muss sie machtlos miterleben, wie ihr Mann
Idan ihr immer mehr entgleitet und Krankheit und Zwist die polygame Ehe ihres
Vaters zerstören. Die Fäden des Schicksals drohen Aggie zu ersticken. Und
schließlich wird ihr klar, dass sie nur entrinnen kann, wenn sie sich einer
längst verdrängten Vergangenheit stellt…
Ein weiterer Roman von Amma Darko, der
wie alle ihre Bücher allein durch seinen Schreibstil und seine Authentizität
einer ghanaischen Autorin eine Empfehlung verdient. Amma Darko schafft es mal
wieder, gesellschaftlich brisante und kontroverse Themen und eine fesselnde und
emotionale Geschichte einzuflechten. „Das Lächeln der Nemesis“ hat es dabei
ganz schön in sich. Es geht um Untreue, Vergeltung, Witwenriten, Aberglauben
und einen falschen Propheten. Auch wenn die Geschehnisse einem aus deutscher
Perspektive sehr fremd sind und auch im Dorfalltag in Nsuta eher vorstellbar
sind, findet man gut in die Geschichte hinein und erhält einen interessanten Eindruck,
inwiefern Familiengeschichte, Traditionen und Überzeugungen Einzelschicksale
prägen können. In all den komplizierten Familienverhältnisse, die multiperspektivisch
und nicht chronologisch erzählt werden, besteht zwischenzeitlich die Gefahr
verloren zu gehen, doch zu Ende hin löst sich alles schlüssig auf…
„Aluta“
von Adwoa Badoe
Als
die 18-jährige Charlotte im Studentenwohnheim von Kumasi eingezogen ist, weit
entfernt von ihrem Elternhaus in Accra, genießt sie ihre neue Freiheit. Ihre
Zimmergenossin führt sie in den Alltag des Wohnheims ein, wo die Studentinnen
gemeinsam lernen, kochen, feiern und Spaß haben. Charlotte, die schön ist und
intelligent, zieht die Aufmerksamkeit der Männer auf sich, darunter ihr
charismatischer Politikprofessor, der politisch engagierte Kommilitone Banahene
und der Ölhändler Asare, der sie mit teuren Geschenken umwirbt. Doch dann
bricht in Charlottes erstem Studienjahr plötzlich ein alter politischer
Konflikt auf und verändert das Leben aller: Beim Putsch gegen die Regierung
werden drei Richter ermordet, und die Studenten Ghanas für den Protest
mobilisiert, Charlotte fängt Feuer, sie erweist sich als fähige und
leidenschaftliche Kämpferin und übernimmt - zusammen mit Banahene, in den sie
sich verliebt – eine führende Rolle in der Bewegung. Als Charlotte ihre
Vorsicht fahren lässt, gerät sie ins Visier der neuen Machthaber und in
Lebensgefahr.
Zunächst erweist sich die Geschichte wie
die eines typischen Jugendromans. Charlottes Studentenleben mit Feiern,
Schminken, Jungs ließe sich ähnlich in Köln statt Kumasi vorstellen. Doch die
weitere Entwicklung gibt Einblicke in die wechselvolle politische Geschichte
Ghanas. Gilt Ghana heute als stabile Demokratie und politisches Vorzeigeland in
Westafrika, so waren die Jahren von der Unabhängigkeit 1957 bis zum Ende des
Jahrhunderts immer wieder von politischen Unruhen und Putschen geprägt. Während
man Charlotte von Dates bis zu politischen Versammlungen begleitet, bekommt man
immer wieder Anreize, zu den politischen Hintergründen der Zeit zu
recherchieren, die mir ehrlich gesagt vorher nicht bewusst waren. Dank des
simplen Schreibstils ist es einfach zu lesen und eine schöne Lektüre, die mich
zum Recherchieren, Nachdenken und mit einigen lobenden Erwähnungen über das
ghanaische Street Food auch zum Schmunzeln gebracht hat.
„Heimkehren“
von Yaa Gyasi
Obwohl Effia und Esi Schwestern sind,
lernen sie sich nie kennen, denn ihre Lebenswege verlaufen von Anfang an
getrennt. Im Ghana des 18. Jahrhunderts heiratet Effia einen Engländer, der im
Sklavenhandel zu Reichtum und Macht gelangt. Esi dagegen wird als Sklavin nach
Amerika verkauft. Während Effias Nachkommen über Jahrhunderte Opfer oder
Profiteure des Sklavenhandels werden, kämpften Esis Kinder und Kindeskinder ums
Überleben: auf den Plantagen der Südstaaten, während des Amerikanischen
Bürgerkrieges, der Großen Migration, in den Kohleminen Alabamas und dann, im
20. Jahrhundert, in den Jazzclubs und Drogenhäusern Harlems. Hat die vorerst
letzte Generation schließlich die Chance, einen Platz in der Gesellschaft zu
finden, den sie Heimat nennen kann und wo man nicht als Menschen zweiter Klasse
angesehen wird?
Dieser multiperspektivische Roman platzt
förmlich vor Themen und hat mich begeistert. Auf Grundlage siebenjähriger
Recherche brillant geschrieben und meinungsstark erhält der Roman meine wärmste
Empfehlung! Er ist ein Großwerk, dass mehrere Kontinente, Länder und
Generationen umfasst und trotzdem nicht den roten Faden verliert. Während die
Erzählung kapitelweise dem Stammbaum folgt, wird deutlich wie komplex und
weitreichend die Sklavengeschichte ist. Sklaverei und seine Auswirkungen ist
auch heute noch Realität und voller Raffinesse und mit gekonnten Aussparungen
fügt sich die Familiengeschichte über mehrere Jahrhunderte zusammen und
zeichnet ein Bild der Zeit. Selbst vor Ort und mit den Erinnerungen an unsere
Besichtigung des Cape Coast Castle ist die Geschichte plötzlich sehr nah.
Vollkommen zu Reicht als Bestseller ausgezeichnet kann ich nur sagen: Fang an
zu lesen!
Vielleicht zunächst dieses Spiegel-Interview mit der Autorin Yaa
Gyasi und dann den Roman…
„Stromausfall
im Paradies – Ein Reisebericht aus Ghana“ von Rainer Hackel
Rainer
Hackel, der seit zwanzig Jahren nach Ghana reist, vermittelt in seinem
fesselnden Reisebericht Einblicke in das faszinierende und widersprüchliche
Leben des westafrikanischen Landes. Er erlebt das bunte Treiben auf den
Märkten, taucht in das magische Leben Westafrikas ein und trifft auf berühmte
Ghanaer wie Kofi Annan. Hackel geht aber auch auf die Sehnsucht des westlichen
Menschen nach dem unberührten Afrika ein und stellt die Frage nach der Aktualität
der von Léopol Senghor begründeten Négritude.
Dank seines überschaulichen Umfangs von
64 Seiten ist das Buch eine kurzweilige Lektüre. Viele der unterhaltsamen
Beschreibungen seiner Erlebnisse in Ghana ähneln unseren ersten Erfahrungen.
Passagenweise ist die Erzählung vollgespickt mit zahlreichen Zitaten aus
Literatur von Richard Wright, Byung-Chul Han, Léopold Senghor und weiteren
Autoren, die als Denkanstoß dienen und auf weiterführende Literatur verweisen.
Wer die Mischung aus leichten und anspruchsvollen Passagen sucht, dem sei zu
diesem dünnen Buch geraten.
„Ärger
im Paradies – Geschichten aus Ghana und Deutschland“ von Rainer Hackel
Rainer
Hackels humorvolle und kurzweiligen Geschichten aus Ghana entführen den Leser
in den turbulenten Alltag des westafrikanischen Landes. Er unternimmt mit dem
Autor waghalsige Fahrten durch den tropischen Regenwald, blickt in die Abgründe
magischer Rituale und erlebt die Poesie des afrikanischen Lebens. Hackel
erzählt aber auch von der Lebenssituation ghanaischer Einwanderer in
Deutschland, die sich trotz aller Willkommenskultur mit rassistischen Vorurteilen
konfrontiert sehen.
Dieses weitere Buch von Rainer Hackel
zeichnet sich ebenfalls durch seinen anschaulich beschreibende und
dahinfließenden Erzählstil aus. Die wechselnden Schilderungen von Situation in
Ghana und in Deutschland zeigen einen authentischen Einblick in sein Leben ohne
das seinen Erlebnissen Allgemeingültigkeit zugesprochen wird. Zwischenzeitlich
wird es schwierig in der Fülle der erwähnten Namen den Überblick über all die
vorkommenden Freunde, Verwandten und Bekannten zu behalten. Doch so ist für
reichlich Abwechslung in der kurzweiligen Geschichte gesorgt - die perfekte
Lektüre für zwischendurch!
„Fufu für den Obroni“ von
Florian Halstenbach
Der Untertitel trifft den Nagel bereits
auf den Kopf: „Erinnerungen an eine Reise nach Ghana“ Halstenbach schreibt in
diesem Buch seine heutigen Erinnerungen an eine Ghana-Reise zu Beginn der
1990er Jahre nieder. Trotz oder gerade wegen der gut 20 Jahre Abstand zu dem
Erlebten schildert er sehr gelungen sein Eintauchen in die ghanaische
Lebenswirklichkeit. Angekommen in einer bis dato vollkommen fremden Welt mit
unbekannten Moral- und Wertvorstellungen erlebt er einen Prozess der
Assimilierung, der ihn besonders dank einiger ghanaischer Freunde tief in die
ghanaische Kultur eintauchen und ihre Eigenheiten verstehen lässt. Dass er
dabei seine Erfahrungen stets im Gegenlicht der eigenen Herkunft und Erziehung
sieht, macht einen besonderen Reiz für den westlichen Leser aus. Seine
Geschichte verspricht keine atemberaubenden und mitreißenden Ereignisse,
sondern es wird klar, dass das Besondere und Bedeutende im Alltag zu finden
ist. In einem durchaus anspruchsvoll verschachteltem Schreibstil legt der Autor
seine langen Gedankengänge über das Erlebte und seine Erinnerungen dar.
Besonders lobend ist zu erwähnen, dass er dabei immer wieder seine
eingeschränkte Wahrnehmung reflektiert und auf seine subjektive Sicht verweist.
So zeichnet dieses Buch kein aktuelles Bild von Land und Leute – ein Anspruch,
dem das Buch weder gerecht werden will noch kann -, sondern nimmt einen mit in
die Gedankenwelt eines ehemaligen Ghana-Reisenden.
„Von einem kleinen Zettel,
der in einem Herrenhemd um die halbe Welt reiste und unser Leben für immer
veränderte“ von Claudia Klütsch und Dirk Höner
Als Claudia Klütsch ein
neues Oberhemd ihres Ehemanns aus der Verpackung zieht, fällt ein Zettel
heraus. Es ist der Hilferuf eines Arbeiters aus der Textilfabrik in
Bangladesch, in der das Hemd hergestellt wurde. Das Ehepaar versucht monatelang
herauszufinden, was und wer genau hinter dieser Nachricht steckt. Schließlich
fliegen sie selbst nach Bangladesch, um den Verfasser zu finden. Die beiden
erleben eine Reise ins Ungewisse, die sie mit vielen Eindrücken und Einsichten
nach Deutschland zurückkehren lässt. Und mit neu gewonnenen Freundschaften, die
bis heute währen. 2018, fast dreizehn Jahre später, besuchen Claudia und Martin
Klütsch ihre Freunde in Bangladesch und erfahren, welch großen Unterschied ein
kleines bisschen Menschlichkeit machen kann.
Dieses
Buch spielt nicht in Afrika, sondern pendelt zwischen Deutschland und
Bangladesch. Durch Glück, Schicksal, Zufall oder was auch immer landet der
Hilferuf von Gazi bei Familie Klütsch. Dadurch treffen zwei Welten aufeinander,
die zuvor eventuell nicht einmal voneinander wussten. Es entstehen Beziehungen,
die man nicht beschreiben kann, Fragen, Selbstvorwürfe und Unsicherheiten
insbesondere auf der deutschen Seite der Geschichte. Dieses Buch wurde von Claudia
Klütsch geschrieben, sodass Gefühle und Gedanken eine große Rolle spielen. Ich
selber kann viele ihrer Zweifel und Unsicherheiten verstehen. Muss ich mir
Vorwürfe machen, weil ich in einem reichen Land geboren wurde? Bin ich
verpflichtet zu helfen? Wie kann ich das am besten tun? Kann ich einem unbekannten
Menschen trauen? Durch einige Bilder, die auf den Reisen entstanden sind, und
einem lebensnahen Schreibstil wird das Buch sehr anschaulich und verständlich,
auch für Menschen, die noch nie in Bangladesch waren.
„Blauer Hibiskus“ von
Chimamanda Ngozi Adichie
Das Haus von Kambilis
Familie liegt inmitten von Hibiskus, Tempelbäumen und hohen Mauern, die Welt
dahinter ist das von politischen Unruhen geprägte Nigeria. Mit sanfter,
eindringlicher Stimme erzählt die 15-jährige Kambili von dem Jahr, in dem ihr
Land im Terror versank, ihre Familie auseinanderfiel und ihre Kindheit zu Ende
ging.
Nicht
nur die geografische Nähe, sondern auch einige Freunde, die Wurzeln in dem Land
haben, haben mein Interesse an Nigeria geweckt und so war es eine große Freude
dieses Buch zu lesen. Ich konnte viele Ähnlichkeiten zum ghanaischen Leben
entdecken, allerdings wurde mir auch bewusst, dass der afrikanische Kontinent
voller Unterschiede steckt und diese auch schon in Westafrika deutlich werden.
Thematisch geht es um komplexe Familienstrukturen, Gewalt in der Erziehung, die
Bedeutung von christlichem Glauben und die Verbindung zwischen Politik und Einzelschicksalen.
Im Laufe der Geschichte verändert sich Kambili von einem stillen und etwas
eingeschüchterten Mädchen zu einer selbstdenkenden und starken Frau. Diese
individuelle Entwicklung wird sehr lebhaft und nah an ihren Gefühlen beschrieben,
sodass man sich in manchen Punkten vielleicht selber in Kambili wiederfinden
kann, obwohl die Geschichte etwa 5000km von Deutschland entfernt spielt.
„Afrika, mein Leben“
Erinnerungen einer Unbeugsamen von Wangari Maathai
Als Wangari Maathai mit
dem Friedensnobelpreis geehrt wird, feiert ganz Afrika. In einem Kikuyu-Dorf am
Fuße des Mount Kenya geboren, ergreift Wangari Maathai die Chance, in den USA
und Deutschland zu studieren. Schließlich wird sie die erste Professorin Kenias
und die erste grüne Politikerin Afrikas. „Afrika, mein Leben“ erzählt die
Lebensgeschichte einer charismatischen Frau, die Hoffnung in die Welt trägt.
Momentan
ist das Thema Umweltschutz überall präsent und auch in Afrika spielt es eine Rolle.
In ihrer biografischen Erzählung zeigt Wangari Maathai, dass der Klimawandel
vor allem kleine Bauern betrifft. Sie deutet Lösungsvorschläge an und beschreibt
ihren persönlichen Einsatz – all das passierte vor ein paar Jahrzehnten. Gleichzeitig
geht es in diesem Buch auch um die kenianische Unabhängigkeit und die Rolle der
Frau. Maathai kämpft für eine bessere Welt in Bezug auf Umweltschutz,
Frauenrechte und korruptionsfreier Politik. „Nebenbei“ ist sie auch noch
Mutter, was sie sehr authentisch in ihrem Werk herüberbringt. Teilweise
verschwimmen die Themen miteinander, sodass man manchmal den Überblick
verliert, aber nur so sieht ihre Realität aus. Manchmal kann sie nicht sagen,
warum sie Kritik bekommt – weil sie eine Frau ist? Weil sie für die Umwelt
kämpft? Oder weil sie der politische Gegner ist?
„Der Preis der Freiheit“
von Tsitsi Dangarembga
1945 im heutigen Zimbabwe
geboren, schildert anrührend und menschenkundig den zähen Kampf eines
Dorfmädchens um Bildung. Doris Lessing schrieb über dieses Buch: Viele gute,
von Männern geschriebene Romane sind in Afrika entstanden, aber wenige von
schwarzen Frauen. Dies ist der Roman, auf den wir gewartet haben. Er beschreibt,
wie ein armes benachteiligtes Mädchen allmählich dem Dorfleben, dem Stammesleben
entschlüpft, um seinen Platz als gebildete Frau einzunehmen - erzählt, was sie
gewonnen, aber auch, was sie verloren hat; wie schwer es Frauen unter der
Fuchtel der Männer in der traditionellen afrikanischen Gesellschaft hatten.
Eine faszinierende Geschichte, schwer aus der Hand zu legen.
Dem
letzten Satz des Klappentextes muss ich ein wenig wiedersprechen. Mir fiel es
schwer in die Geschichte hineinzukommen, weil es für mich doch eine fremde Welt
ist. Ich kann viele Gedanken und Handlungen nicht nachvollziehen. Erst nach
einigen Seiten wird es einfacher und verständlicher. Man hinterfragt die eigene
Rolle im Postkolonialismus, vergleicht seine eigene Kindheit mit der des jungen
Mädchens und fragt sich, ob man sich für Bildung oder die eigene Familie
entschieden hätte. Insgesamt lesenswert, aber nur, wenn man genug Ausdauer für
die ersten Seiten hat. Später lassen sich viele Lebensweisheiten mitnehmen.
„Rote Sonne, schwarzes
Land“ von Barbara Wood
Kenia 1963: Deborah flieht
aus einem brennenden Land vor einer verbotenen Liebe. Einst war ihre Familie nach
Kenia gekommen, um den Eingeborenen die Segnungen der modernen Medizin zu
bringen. Doch die angesehene und gefürchtete Medizinfrau Wachera kämpfte
entschlossen um die Erhaltung afrikanischer Traditionen. 15 Jahre später kehrt
Deborah nach Kenia zurück und fragt nach dem Scheitern ihrer Familie, die Teil
der Seele Afrikas war. Und sie stellt sich auch ihrer eigenen Vergangenheit…
Dieses
Buch hat auf über 700 Seiten alles, was ein Roman braucht. Komplizierte
Liebesgeschichten, Mord, politische Unruhen, Krankheiten und
Umweltkatastrophen. Doch für mich ist das Buch, das über mehrere Generationen
das Leben britischer Siedler in Kenia beschreibt, mehr als nur ein Roman. Oft
spürt man Kritik am Kolonialismus, es gibt viele Perspektivwechsel und auch die
Motive der MauMau-Kämpfer, die oft nur als brutale Revolutionskämpfer
dargestellt werden, werden erklärt und sind teilweise sogar nachvollziehbar.
Auf jeden Fall empfehlenswert, wenn man gerne Romane liest und sich für
Kolonialgeschichte interessiert. Darauf aufbauend lässt sich auch einiges zu
Kenia recherchieren und spannende Informationen über das Land und seine
Geschichte finden.
„Spinnweben“ von Amma
Darko
Unsere Welt ist
empfänglich für diejenigen, die vieles zu geben haben, und fordert es
skrupellos ein. Wenn sie dann ausgezehrt sind und nichts mehr anbieten können,
wendet sie sich gegen sie – in einem bösen Racheakt. – Humorvoll, einfühlsam
und manchmal drastisch verfolgt der Roman den schwierigen Selbstfindungsprozess
einer jungen Ghanaerin zwischen tief verwurzelter Mystik und politischem
Ränkespiel ihrer postkolonialen Heimat und ihrem schicksalhaften Streben nach
dem „modernen“ Leben in der Welt des Weißen Mannes.
In
diesem Buch von Amma Darko vermischen sich das ghanaische und das deutsche
Leben auf eine interessante Art und Weise. Eine junge Frau durchläuft den „normalen“
Bildungsweg und strebt jedoch immer nach mehr. Durch den Rat einer Freundin sucht
sie sich einen „sugar daddy“, der ihr den Luxus ermöglicht, den sie so oft
direkt vor ihrer Nase sieht, der aber nur den Briten und der Oberklasse
vorbehalten ist. Auch ihre Familie erhöht irgendwann den Druck und die junge
Ghanaerin gelangt nach Deutschland. Ihre Erwartungen werden jedoch nicht
erfüllt und es erwarten sie viele Schwierigkeiten, insbesondere was die
Behörden und ihre Arbeit angeht.
Viel Spaß beim Lesen!
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